Der Klimacamp-Blog (74): Es geht weiter!

Ein Jahr lang haben sie Wind und Wetter getrotzt, eiskalte Nächte, Hitze und Stürme überstanden, immer wieder die Stadtverwaltung angemahnt, den Gemeinderat aufgerüttelt, dem Desinteresse eines Teils der Bevölkerung die Stirn geboten. Doch trotz aller Widrigkeiten bleiben sie dran. Warum, erläutern hier Helene Henn und Manuel Oestringer vom Konstanzer Klimacamp.

Am 1. August war es soweit: Das Konstanzer Klimacamp wurde ein Jahr alt. Manch eine:r erinnert sich vielleicht noch an die Anfänge des Camps, an die ersten Zelte, die aufgeschlagen wurden, die zunächst noch recht simple Einrichtung und die ersten Menschen, die teils neugierig, teils skeptisch hereinschauten.

Vieles hat sich seitdem getan: Das Camp wurde größer, der Bauwagen winterfest gemacht, und es wurde mehr und mehr zu einem Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um sich auszutauschen, zu diskutieren und an Aktionen aller Art teilzunehmen. Es gab Demos, Podiumsdiskussionen, Jam-Sessions, Film- und Kochabende; es wurde gebaut, gebastelt und gemalt. All diese schönen Momente und die Anstrengungen des letzten Jahres wurden vergangenen Sonntag im Anschluss an eine Demonstration im Camp gefeiert, gemeinsam mit Unterstützer:innen, der Nachbarschaft und allen, die sonst noch Lust auf Essen und gute Musik hatten.

Erst 2095?

Doch so schön das alles klingt, ein wirklicher Grund zum Feiern ist das einjährige Bestehen des Klimacamps nicht. Denn es zeigt lediglich, dass sich in Sachen Klimaschutz in Konstanz bisher nicht genug getan hat, um einen dauerhaften Protest überflüssig zu machen. Denn auch wenn die Stadt mittlerweile ein an vielen Stellen sinnvolles Klimaschutzkonzept ausgearbeitet hat, hapert es nach wie vor mit der Umsetzung.

Zwar konnte der Bau einer zweiten Erdgaspipeline auch aufgrund des Widerstands von Klimaaktivist:innen verhindert werden, doch die Stadt treibt noch immer keine konsequente Wärmewende voran, wie sie zum Beispiel durch den Ausbau eines Nahwärmenetzes oder den flächendeckenden Einsatz von Wärmepumpen möglich wäre.

Auch mit der Energiewende sieht es kaum besser aus: Der aktuelle Zuwachs an lokalem Strom aus erneuerbaren Energien beträgt für Konstanz nur etwa ein Fünftel der eigentlich vorgesehenen und notwendigen Menge. In diesem Tempo werden wir die Klimaziele in diesem Bereich nicht 2035, sondern erst 2095 erreichen. Dass das zu spät ist, kann sich jeder selbst denken.

Und auch Parkplätze werden nach wie vor ausgebaut, sogar in der Innenstadt, wie beispielsweise am Döbeleplatz, wo ein neues Parkhaus entstehen soll. Anstatt Parkplätze schrittweise zurückzubauen und die dadurch entstehenden Flächen für nachhaltigen Wohnungsbau oder Grünflächen zu nutzen, wird also immer noch in eine Form der Mobilität investiert, die dem Klima massiv schadet und an vielen Stellen durch Lärm und Luftverschmutzung unsere Lebensqualität senkt. Eine echte Verkehrswende ist also momentan kaum in Sicht.

Weiter Neubau vor Sanierung?

Auch der nachhaltige Wohnungsbau in Konstanz kommt nicht wirklich voran. Die Stadt könnte, ohne dass ihr dabei Kosten entstehen würden, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und so Auflagen für ökologische und klimafreundliche Baumaßnahmen vorgeben, die dann umzusetzen wären. Doch stattdessen werden viele Grundstücke immer noch an Immobilieninvestoren verkauft, denen beim Neubau gänzlich freie Hand gelassen wird und die häufig nicht im Interesse der Gesellschaft und auf umweltschädliche Art und Weise bauen. Auch der für eine Bauwende nötige Grundsatz „Sanierung vor Neubau“ wird weiterhin größtenteils ignoriert.

Jenen fleißigen Leser:innen unter Euch, die von Beginn an unsere Artikel verfolgt haben, wird jetzt vielleicht aufgefallen sein, dass sich dieser Artikel inhaltlich mit dem allerersten Artikel des Klimacamp-Blogs nahezu deckt. Das ist eine frustrierende Feststellung, denn sie zeigt, dass sich auch nach einem Jahr intensiven Bemühens von Aktivist:innen wenig getan hat in Konstanz und die Bereitschaft zu grundlegenden Veränderungen noch immer kaum erkennbar ist.

Und das alles in einer Stadt, die 2019 den Klimanotstand ausrief und eigentlich bis 2035 klimaneutral sein will. Uns bleibt nur noch wenig Zeit, um den Klimawandel zu begrenzen und uns allen eine lebenswerte Zukunft zu sichern. Das Klimacamp hat also weiterhin seine Daseinsberechtigung und so geht es, gemeinsam mit vielen, trotz allem motivierten Menschen in ein weiteres Jahr unter dem Motto „Wir campen, bis ihr handelt!“.

Text: Helene Henn vom Konstanzer Klimacamp

Und hier die Rede von Manuel Oestringer beim Campfest im Video …

… und zum Nachlesen:

„Meilenstein und Schandmal“

Schön, dass trotz Hitze so viele Leute gekommen sind. Oder vielleicht auch gerade wegen der Hitze. Die Hitze verdeutlicht ja sehr gut, warum wir streiken, und warum wir seit einem Jahr ein dauerhaftes Camp haben, um dieses Thema immer wieder in die Öffentlichkeit zu bringen. Bei dieser Hitze kann man sich ganz gut vorstellen, was sonst oft nur am Rande der Vorstellungskraft liegt. Und zwar, wie tödlich die Klimakatastrophe eigentlich ist.

Ich will in dieser Rede einen kurzen politischen Rückblick wagen, was wir in einem Jahr Klimacamp alles erreicht haben.

Aber bevor ich das tue, werde ich mit einer recht offensichtlichen Feststellung die gute Stimmung ruinieren, die leider noch nicht in der Bevölkerung angekommen ist: Wir haben momentan etwa 1,2 Grad Celsius mehr auf dem Planeten als in vorindustriellen Zeiten. Diese extreme Hitzewelle, die wir gerade erleben, ist das Ergebnis dieser 1,2 Grad mehr. Wenn uns gelingt, was momentan noch sehr unsicher ist, dass wir innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahre weltweit klimaneutral werden, dann heißt das im Umkehrschluss, dass wir die Menge an CO2 in der Atmosphäre noch 20 bis 30 Jahre steigern werden. Was wiederum bedeutet: Die nächsten 30 Jahre wird es in jedem Fall noch um einiges heißer, bevor es dann so heiß bleibt.

Aber ob wir diese Hitze nur noch 20 Jahre oder eben um 40, 50 Jahre erhöhen, bedeutet den Unterschied zwischen Leben und Tod für die meisten Menschen auf der Erde.

Oder um es mit den Worten von Eckhart von Hirschhausen auszudrücken: „Wie viele Jahrhundertereignisse brauchen wir noch, um zu begreifen, dass dieses Jahrhundert gerade erst angefangen hat.“

Die Hitze hat aber tatsächlich auch etwas Gutes: Am bekanntermaßen nicht gerade sonnenverwöhnten Londoner Flughafen ist letzte Woche der Asphalt geschmolzen, so dass der Flugverkehr eingestellt werden musste. So kann man auch für weniger Flüge sorgen.

Zurück zur „corporate shit fuckery“

Trotz allem gibt es aber Leute, die betonen: „Nur weil heute so ein Tag ist, ändert man nicht einfach seine Politik.“ Erkennt ihr das Zitat?

Es bringt mich zur Anfangszeit des Klimacamps. Als wir das Camp aufgebaut haben, war gerade Bundestagswahlkampf. Wie die Wahl ausgegangen ist, wisst ihr alle. Ob das gut oder schlecht ist, müsst ihr selbst bewerten. Der offensichtlichste Vertreter des fossilen Systems, Armin Laschet, ist nicht Bundeskanzler geworden, das ist schon mal ein Erfolg.

Dennoch passiert zu viel Mist, um hier alles aufzuzählen, aber ein bundesweites Thema möchte ich trotzdem anschneiden, dass sehr besorgniserregend ist. Das Thema LNG, also Flüssiggas. Es gab so einen kurzen schönen Moment, in dem alle Politiker:innen erzählt haben, sie haben jetzt die Lehre aus unserer Gasabhängigkeit gezogen. Nur Erneuerbare Energien machen uns unabhängig.

Das ist übrigens häufiger so, wenn eine Krise eintritt – dann sagen Politiker:innen für einen kurzen Moment ganz vernünftige Sachen, bis sich die Lobby wieder formiert hat, und dann schwenken sie wieder in corporate shit fuckery um.

Frackinggas für ein Vierteljahrhundert

Bei uns heißt das, dass massiv Flüssiggasterminals gebaut werden und unsere Vertreter:innen jetzt um die Welt reisen, um mit jedem Staat neue Langzeitlieferverträge abzuschließen. Diese Maßnahmen ändern übrigens nichts an der aktuellen Gasknappheit. Die Terminals brauchen vier, fünf Jahre, um gebaut zu werden, und viele Lieferverträge sind auch darauf ausgelegt, dass sie in 5 Jahren Gas liefern, denn dafür müssen häufig neue Gasfelder erschlossen werden. Im Senegal sollen jetzt neue Gasfelder entstehen, die ab 2030 jedes Jahr die volle Menge liefern.

Das ist ein super gefährlicher Trend, denn, wenn wir 1,5 Grad einhalten wollen, dann muss bereits ohne diese neuen Quellen die Hälfte der momentan genutzen Öl-, Gas und Kohlefelder vorzeitig stillgelegt werden. Jetzt massivst auf der ganzen Welt neue Felder zu erschließen, ist im besten Fall ökonomischer Unsinn, im wahrscheinlicheren, schlechteren Fall aber schießt es uns direkt in einen unbewohnbaren Planeten. Oder zumindest in einen weiteren massiven Kampf, den wir als Klimabewegung gewinnen müssen – und das in einem schwindenden Zeitfenster.

Was wir jetzt brauchen, ist eine Kraftanstrengung beim Ausbau der erneuerbare Energien – und keine neuen Gasabhängigkeiten.

Aber genau diese Kraftanstrengung fehlt. Es werden zwar auch mehr erneuerbare Energien ausgebaut als vorher, aber nicht genug. Und wir sind jetzt –wie man heute ganz gut merkt – an einem Punkt, an dem wir uns entscheiden müssen: überleben oder aussterben.

Bewusste Zerstörung

Was man auch sehr gut sieht: Die Welt zu zerstören ist kein passiver Prozess, wie oft dargestellt wird, wenn es wieder heißt, die Regierung habe nichts gemacht und deshalb hätten wir eine Klimakatastrophe. Nein, die Regierung ist sehr aktiv. Sie treibt die Zerstörung sehr bewusst voran. Indem sie Klimaaktivismus kriminalisiert, Umweltprüfungen für Gasterminals aussetzt und Lieferverträge aufbaut, die uns über Jahrzehnte an Gas fesseln werden.

Das Thema Gas hat uns auch auf lokaler Ebene viel beschäftigt. Als wir das Klimacamp errichteten, hatten die Stadtwerke gerade geplant, eine neue Gaspipeline zu bauen, die genauso wie die Terminals in fünf, sechs Jahren neues Gas nach Konstanz gebracht hätte. Das Projekt hatte uns recht lange beschäftigt. Die gute Nachricht ist, dass die Stadtwerke das Projekt mittlerweile offiziell beerdigt haben! Es war schon immer ein dummes Vorhaben. Aber nachdem sich die Gaspreise versechsfacht haben, haben das die Stadtwerke auch eingesehen und damit offiziell den Kurs auf Wärmewende gestellt.

Der braucht allerdings noch, um an Fahrt zu gewinnen, und wahrscheinlich braucht sie auch einfach noch mehr Protest. Die Stadtwerke arbeiten gerade an einem Wärmeplan: Wo will sie Wärmenetze bauen, wo nicht, und wie sollen die anderen Quartiere versorgt werden? Dieser Plan soll in den nächsten Monaten fertig werden, und dann wollen sie in dem Gebiet, wo es sich am meisten lohnt, damit beginnen, Gespräche zu führen um herauszufinden, wer von den Anwohnenden Interesse am Wärmenetz hat. Und wenn sich da Leute finden, beginnt die feinere Planung und irgendwann wird ein Netz gebaut. Der Trend ist richtig, aber es geht einfach alles unglaublich langsam voran.

Das erste Miniklimacamp

Ein anderes großes kommunalpolitisches Thema des letzten Jahres: Die Stadt hat jetzt eine Klimaschutzstrategie, wie sie bis 2035 nahezu klimaneutral werden will. Der Weg dahin war ein sehr langer Prozess, der mit dem Klimanotstand begann, der 2019 ausgerufen wurde.

Bis dahin wollte die Stadt das Ziel erst bis 2050 erreicht haben. Eine absurd schlechte Vorgabe, die mit den Pariser Zielen nichts zu tun hat. Also haben wir unmittelbar nach der Verkündung des Klimanotstands gefordert, dass die Stadt bis 2030 klimaneutral werden müsse. Dazu war damals noch elf Jahre Zeit.

Aber wie immer in der Politik ging nichts schnell und es hat erstmal ein Jahr gedauert, in dem von Seiten der Stadt immer wieder andere Zeitvorstellungen kamen: „so schnell wie möglich“, „2040“, „2035“. Schließlich gab es auf unser Wirken hin im Sommer 2020 eine Abstimmung, bei der der Gemeinderat mit einer Stimme Mehrheit gegen das Ziel „Klimaneutralität bis 2030“stimmte und als Kompromiss das Institut für Energie- und Umwelzforschung (Ifeu) beauftragte, eine Studie anzufertigen, was es bedeuten würde, bis 2035 klimaneutral zu werden.

Vielleicht erinnert ihr euch noch an die Abstimmung: Damals hatten wir anderthalb Tage vor dem Gemeinderat campiert, unser erstes kleines Miniklimacamp.

Dieses Ifeu Institut hat anderthalb Jahre für die Studie gebraucht; vergangenen November wurde sie endlich beschlossen mit dem Ziel „nahezu klimaneutral bis 2035“. Zweieinhalb Jahre nach Ausrufung des Klimanotstands haben wir also nun eine Strategie und eine Zeitvorgabe.

Aber um fair zu bleiben: Das Jahr, in dem das Institut den Plan ausarbeitete, war nicht ganz verloren, denn in dieser Zeit wurden viele Gespräche geführt und diese Zeit war sehr wichtig für ein Umdenken innerhalb vieler Gremien.

Zentrale Handlungsfelder

Was in dieser Studie steht, überrascht nicht. Ich habe unsere Forderungen aus dem Mai 2019 in großen Teilen wieder entdeckt, wenn auch jetzt etwas detaillierter. Das ist nicht verwunderlich, schließlich gibt es keine tausend verschiedene Möglichkeiten. Was es braucht, damit wir klimaneutral werden:

Wir benötigen mehr erneuerbare Energien. Was bietet sich da an? In Konstanz selbst vor allem Solaranlagen auf den Dächern und in der Fläche. Und in der Gegend von Engen und Tengen sind gute Standorte für Windräder.

Dann müssen wir auch erneuerbar heizen. Das heißt: Wir brauchen Wärmenetze und Wärmepumpen. Da wir sehr wenig Zeit haben, um Gas- und Ölheizungen aus dem Bestand zu drängen, bieten sich Wärmenetze an, weil sie ganze Quartiere auf einen Schlag umstellen können. Außerdem müssen wir unsere Häuser dämmen.

Im Bereich Verkehr müssen wir die Zahl der Autos reduzieren. Aus Energiestudien weiß man, dass wir die Gesamtmenge an Autos mindestens um die Hälfte verringern müssen, wenn genügend erneuerbare Energie für die dann verbliebenen E-Fahrzeuge vorhanden sein soll.  Das schafft man durch den Ausbau des Busverkehrs, durch Verbesserung der Fahrradwege, und indem die Stadt autounfreundlicher gestaltet wird (Parkplätze reduzieren, Autostraßen in Fahrradstraßen umwidmen, und so weiter).

Nachdem diese Strategie im Herbst beschlossen wurde, ist jetzt die große Frage: Wie sieht es mit der Umsetzung aus? Die Antwort: Wir sind auf dem richtigen Weg, nur viel zu langsam. Das ist immerhin besser als auf der Bundesebene, wo ständig der falsche Weg eingeschlagen wird.

Neun Jahre für den Stephansplatz?

Nur um mal kurz zu zeigen, wie langsam wir sind: Seit dem Klimanotstand sind sich alle einig, dass der Stephansplatz für Autos gesperrt werden muss. Seither wird darüber diskutiert, werden Pläne erwogen, was stattdessen hinkommen soll – und passiert ist immer noch nichts. Jetzt heißt es, dass demnächst konkretere Pläne erstellt werden sollen, damit der Platz vielleicht irgendwann um das Jahr 2028 klimaneutral ist. Volle neun Jahre nach dem Klimanotstand sperrt die Stadt als Reaktion auf die Klimakrise eventuell einen winzigen Platz in der Innenstadt.

Aber das reduziert wahrscheinlich noch nicht einmal die Menge an Parkplätzen, denn es sollen stattdessen Parkhäuser auf dem Döbele und am Brückenkopf Nord entstehen.

Ein weiterer absurder Aspekt dieser Debatte ist das offizielle Argument, warum es nicht schneller geht: Man habe nicht genug Geld, um zu überlegen, was da dann hinkommt. So geht es derzeit jeder sinnvollen Idee: Sie wird mit dem Pseudoargument Geldmangel beerdigt.

Dabei ist es so schwer nicht: Sperrt den Platz einfach! Und falls ihr, wie unser Bundesverkehrsminister, auch an Schildermangel leidet: Wir malen sie euch! Was dann entsteht, sehen wir danach. Wir haben keine Zeit mehr, Jahre darüber zu diskutieren, wie und wann wir einen innerstädtischen Parkplatz zumachen.

Was hat`s gebracht bisher?

Man könnte hier natürlich noch mehr erzählen (…), aber ich stelle lieber die Gretchenfrage: Ein Jahr Klimacamp – stehen wir jetzt besser da als vorher? Auf kommunaler Ebene sind einige wichtige Entscheidungen gefällt worden. Die Stadt hat offiziell den Gasausstieg beschlossen, auch wenn die Umsetzung nur sehr schleppend vorwärts geht. Auf Bundesebene laufen aber einige Dinge gerade in die völlig falsche Richtung. Weltweit steigen die Treibhausgasemissionen und wir haben ein Jahr weniger Zeit, um alles zu erreichen, was wir erreichen müssen. Dementsprechend muss ich leider sagen: Nein.

Das macht das Klimacamp aber nicht wirkungslos oder Demos sinnlos. Im Gegenteil, die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt: Mit Protest können wir Veränderungen erreichen. Dass Konstanz heute auf eine Klimaneutralität bis 2035 abzielt, liegt daran, dass wir seit Jahren dafür demonstriert haben. Aber erreichen werden wir dieses Ziel nur, wenn der Protest weiter geht. Wenn einen Monat lang jede Woche Zehntausend für Klimaschutz protestieren würden, ginge vieles auf einmal doch.

Das Klimacamp ist ein Teil dieses Protests und vor allem ein Ort der Begegnung, um über die Themen Klima und Systemwandel ins Gespräch zu kommen – mit Menschen, die vielleicht nur einen Anknüpfungspunkt brauchen, um aktiv zu werden oder es zu bleiben. Oder mit Menschen, die sich darüber aufregen, dass wir den Pfalzgarten verschandeln, uns eine halbe Stunde lang beschimpfen, um uns dann zu erzählen, dass das mit dem Klima schon wichtig ist. Und mit vielen tollen Menschen, die einfach mal vorbeikommen, um zu sagen, dass es schön ist, dass das Thema präsent bleibt.

Ein Jahr Klimacamp ist ein Meilenstein und gleichzeitig ein Schandmal, weil es für ein weiteres Jahr Zerstörung steht und dafür, dass ein Jahr weniger im Kampf für einen bewohnbaren Planeten bleibt. Für uns deshalb ist klar: Wir campen weiter, der Protest geht weiter.

Fotos vom Aktionstag „Ein Jahr Klimacamp“ am 31. Juli 2022: Pit Wuhrer

Der Klimacamp-Blog wird von Aktivist:innen des Konstanzer Camps verfasst. Sie entscheiden autonom über die Beiträge. Bisher sind auf seemoz.de erschienen:

(73) (K)ein Grund zu feiern
(72) Ein Jahr Klimacamp
(71) Große Hektik, wenig Zukunft
(70) Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe?
(69) Warm- oder Kaltbaden? Ein Dilemma
(68) Der klimaneutrale Weinhändler
(67) Was der Deutschlandfunk berichtet
(66) Weniger ist mehr
(65) Können Klimabewegungen und Gewerkschaften zusammen Ziele erreichen?
(64) Zwei Stunden pro Woche für das Camp!
(63) Was will die „letzte Generation“?
(62) CETA oder Klima
(61) Klima-Bahn oder Betonbahn?
(60) Gasausstieg in Konstanz – ein Übersichtsartikel
(59) Ausstieg aus dem Wirtschaftswachstum, Teil III
(58) Atomstrom ist keine Lösung
(57) Orchideen und die Klimakrise
(56) Wer ist „wir“?
(55) Aufstand der letzten Generation – auch in Konstanz
(54) Klimadebatte in Konstanz: Fakten oder Meinung?
(53) Ausstieg aus dem Wirtschaftswachstum, Teil II
(52) Ausstieg aus dem Wirtschaftswachstum, Teil I
(51) Rückblick auf den globalen Klimastreik, Teil II
(50) Rückblick auf den globalen Klimastreik, Teil I
(49) Frieden, Gerechtigkeit und die Klimakrise
(48) Ein Gedicht zum Klimastreik
(47) Hoffnung!
(46) Raus aus dem Anti-Klimavertrag!
(45) Vorbereiten auf den 25. März
(44) Friedensprojekt Energiewende
(43) Was ist rechtens? Und was richtig?
(42) Die Planetare Grenze für Chemikalien ist überschritten
(41) Energiecharta – der schmutzige Vertrag
(40) 200 Tage Klimacamp
(39) Dies ist ein Notfall. Das ist ein Aufstand
(38) Grünes Wachstum? Weniger ist mehr!
(37) Die Sache mit dem grünen Wachstum
(36) Dreimal das erste Mal
(35) Auch der Bürgermeister zweifelt
(34) Wenn der Frühling im Januar beginnt
(33) Aufstand der letzten Generation
(32) Planetare Grenzen
(31) Über die Notwendigkeit von Klimagerechtigkeit
(30) Warum nicht in aller Munde?
(29) Tag 134 – und weiter geht’s!
(28) Was wir jetzt am dringendsten brauchen
(27) Es gibt kein Weihnachten auf einem toten Planeten
(26) Wenn alles kippt
(25) Besuch im Camp
(24) Ein Konstanzer Traum
(23) Mit der geplanten Erdgas-Pipeline zurück ins fossile Mittelalter
(22) Die Kirche und das Camp
(21) Winter im Camp – wir brauchen Unterstützung!
(20) Die Konstanzer Klimaschutzstrategie
(19) Diese Woche? Klimawoche!
(18) Hambi 2.0 – der Kampf um Lützerath
(17) Hundert Tage – Party oder Trauerfeier?
(16) Was passiert, wenn wir die 1,5 Grad-Grenze überschreiten?
(15) Ein Plädoyer für Offenheit
(14) Was kostet Anwohnerparken?
(13) Wie, Konstanz, hältst du’s mit dem Gas?
(12) Der Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem (Teil 2)
(11) Der Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem (Teil 1)
(10) Eine Nacht im Klimacamp
(9) Sind individuelle Lösungen ein wirksames Mittel? Eine Gegenüberstellung
(8) Ein Tag im Camp
(7) Demo- und Wahlrückblick
(6) Nach der Wahl: Das muss jetzt passieren
(5) Zwischen Verzweiflung und Hoffnung
(4) Klimastreik vor der Wahl
(3) Eine lange Radtour
(2) Kaum Fortschritte beim Klimaschutzbericht
(1) Warum Fridays nicht mehr reicht