Klimacamp-Blog (72): 1 Jahr Klimacamp

Ob ich gedacht hätte, dass wir das Camp ein Jahr aufrechterhalten können? Als ich vor etwas über einem Jahr das Klimacamp mit einer Handvoll Leute im Stadtgarten und im Sedir geplant habe, nichts stand als ein paar hingekritzelte Stichpunkte, eine grobe Skizze und die Idee, einen Ort zu schaffen, der das Klimathema in Konstanz unignorierbar macht und verschiedenste Leute dafür zusammenbringt, wusste ich es nicht …

Aber es war mir auch nicht wichtig.

Viele Leute haben uns damals gesagt: „Das könnt ihr gleich lassen. Schafft ihr eh nicht.“

Aber das ist auch gar nicht der Punkt.

Was er dann sein soll?

Nun ja, der Punkt, an dem wir global gerade stehen, lässt sich am besten mit Fünf nach Zwölf zusammenfassen.

Das ist im Laufes dieses Camp-Jahrs nur umso deutlicher geworden.

Laut einer anonymen Umfrage glaubt die Mehrheit der Wissenschaftler:innen nicht mehr an die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze. Das ist der Punkt, der darüber entscheidet, ob wir als Gesellschaft mit den Klimafolgen umgehen können oder alles zusammenbricht.

Derzeit sieht es so aus, als würden wir selbst das Zwei-Grad-Limit reißen. Das ist die Grenze, die im Extremfall darüber entscheidet, ob wir als Menschheit weiter existieren können und einen Großteil des Lebens auf der Erde mit uns in den Abgrund reißen.

Mindestens ebenso gefährlich wie die Klimakatastrophe ist das Artensterben, über das momentan noch viel zu wenig geredet wird.

Die Situation ist kritisch und sie duldet keinen Aufschub.

Deshalb ist es auch egal, wie realistisch es ist, dass wir das Klimacamp bis 2035 aufrechterhalten können oder nicht.

Wir müssen es versuchen, denn wenn wir jetzt nicht handeln und uns in ewigem „aber“ und „was wäre, wenn“ verlieren, haben wir von vornherein verloren.

Oder wie Molière es ausdrückte: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun. Sondern auch für das, was wir nicht tun.“

Wie lange das Camp noch stehen wird und wie effektiv es ist, hängt maßgeblich von der Beteiligung und Unterstützung aus der Bevölkerung ab.

Ein erster Schritt wäre, an unserer Demonstration nächsten Sonntag, am 31. Juli um 16 Uhr, im Herosé-Park teilzunehmen und vielleicht sogar regelmäßig für Aktionen oder eine Schicht im Camp vorbeizukommen. Denn obwohl wir bereits seit einem Jahr im Dauerstreik sind, ist bei weitem noch nicht genug passiert. Im nächsten Jahr können wir das hoffentlich ändern.

Vielleicht mit deiner Hilfe?

Text & Bilder: Manuel Oestringer von der Konstanzer Klimacamp-Redaktion.

Der Klimacamp-Blog wird von Aktivist:innen des Konstanzer Camps verfasst. Sie entscheiden autonom über die Beiträge. Bisher sind auf seemoz.de erschienen:

(71) Große Hektik, wenig Zukunft
(70) Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe?
(69) Warm- oder Kaltbaden? Ein Dilemma
(68) Der klimaneutrale Weinhändler
(67) Was der Deutschlandfunk berichtet
(66) Weniger ist mehr
(65) Können Klimabewegungen und Gewerkschaften zusammen Ziele erreichen?
(64) Zwei Stunden pro Woche für das Camp!
(63) Was will die „letzte Generation“?
(62) CETA oder Klima
(61) Klima-Bahn oder Betonbahn?
(60) Gasausstieg in Konstanz – ein Übersichtsartikel
(59) Ausstieg aus dem Wirtschaftswachstum, Teil III
(58) Atomstrom ist keine Lösung
(57) Orchideen und die Klimakrise
(56) Wer ist „wir“?
(55) Aufstand der letzten Generation – auch in Konstanz
(54) Klimadebatte in Konstanz: Fakten oder Meinung?
(53) Ausstieg aus dem Wirtschaftswachstum, Teil II
(52) Ausstieg aus dem Wirtschaftswachstum, Teil I
(51) Rückblick auf den globalen Klimastreik, Teil II
(50) Rückblick auf den globalen Klimastreik, Teil I
(49) Frieden, Gerechtigkeit und die Klimakrise
(48) Ein Gedicht zum Klimastreik
(47) Hoffnung!
(46) Raus aus dem Anti-Klimavertrag!
(45) Vorbereiten auf den 25. März
(44) Friedensprojekt Energiewende
(43) Was ist rechtens? Und was richtig?
(42) Die Planetare Grenze für Chemikalien ist überschritten
(41) Energiecharta – der schmutzige Vertrag
(40) 200 Tage Klimacamp
(39) Dies ist ein Notfall. Das ist ein Aufstand
(38) Grünes Wachstum? Weniger ist mehr!
(37) Die Sache mit dem grünen Wachstum
(36) Dreimal das erste Mal
(35) Auch der Bürgermeister zweifelt
(34) Wenn der Frühling im Januar beginnt
(33) Aufstand der letzten Generation
(32) Planetare Grenzen
(31) Über die Notwendigkeit von Klimagerechtigkeit
(30) Warum nicht in aller Munde?
(29) Tag 134 – und weiter geht’s!
(28) Was wir jetzt am dringendsten brauchen
(27) Es gibt kein Weihnachten auf einem toten Planeten
(26) Wenn alles kippt
(25) Besuch im Camp
(24) Ein Konstanzer Traum
(23) Mit der geplanten Erdgas-Pipeline zurück ins fossile Mittelalter
(22) Die Kirche und das Camp
(21) Winter im Camp – wir brauchen Unterstützung!
(20) Die Konstanzer Klimaschutzstrategie
(19) Diese Woche? Klimawoche!
(18) Hambi 2.0 – der Kampf um Lützerath
(17) Hundert Tage – Party oder Trauerfeier?
(16) Was passiert, wenn wir die 1,5 Grad-Grenze überschreiten?
(15) Ein Plädoyer für Offenheit
(14) Was kostet Anwohnerparken?
(13) Wie, Konstanz, hältst du’s mit dem Gas?
(12) Der Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem (Teil 2)
(11) Der Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem (Teil 1)
(10) Eine Nacht im Klimacamp
(9) Sind individuelle Lösungen ein wirksames Mittel? Eine Gegenüberstellung
(8) Ein Tag im Camp
(7) Demo- und Wahlrückblick
(6) Nach der Wahl: Das muss jetzt passieren
(5) Zwischen Verzweiflung und Hoffnung
(4) Klimastreik vor der Wahl
(3) Eine lange Radtour
(2) Kaum Fortschritte beim Klimaschutzbericht
(1) Warum Fridays nicht mehr reicht